Der steirische Pestarzt und sein Wundermittel

Adam von Lebenwaldt wurde für sein medizinisches Wirken hoch geadelt. Im Kampf gegen die Pest schwor er unter anderem auf die obersteirische Gämse.  

Noch heute spricht man ihr in manchen steirischen Gebirgsgegenden eine heilende Wirkung zu. Im 17. Jahrhundert sorgte sie als Wundermittel gegen die Pest für Aufsehen. Die Rede ist von der sogenannten „Gämsenkugel“, einem rundlichen Gebilde im Magen der Gämse. Sie entsteht aus Unverdaulichem, wie Haare, Pflanzenreste und Harz, die im Pansen verbleiben. Bei vielen anderen Tieren finden sich solche Verklumpungen und schon im Altertum schrieb man dem „Magenstein“ oder „Bezoar“ magische Kräfte zu. 

Die medizinische Verehrung der Gämsen vom Trofaiacher Hausberg Reiting geht zurück auf den Pestarzt Adam von Lebenwaldt. Er wurde als Adam Lebalt am 25. November 1624 bei Sarleinsbach im oberösterreichischen Mühlviertel geboren. Sein Vater war Ratsbürger und Marktschreiber. Nach dem Jesuitengymnasium in Linz studierte er in Graz Philosophie, danach Medizin in Padua. 1652 erlangte er seine Doktorwürde und begann bald darauf in der Steiermark zu praktizieren. Urban Textor, Abt des Stift Admont, ernannte ihn zu seinem Leibarzt und zum Hausarzt des Stiftes. Daneben erhielt er eine Stelle als Landarzt für das Enns- und Paltental. 1659 wurde er von Kaiser Leopold I. für seine Verdienste geadelt und erhielt den Titel „von und zu Lebenwaldt“, den er fortan führte. 1671 übersiedelte er nach Rottenmann, drei Jahre später kaufte er das Schloss Stibichhofen in Trofaiach. Das heute dort untergebrachte Stadtmuseum erinnert mit einigen Dauerexponaten an den berühmten steirischen Pestarzt. Darunter eine sieben Zentimeter große „Gämsenkugel“ und eine von Lebenwaldts Abhandlungen, in der er deren Wirkung und Heilkraft beschreibt. Bereits als junger Arzt verwendete er seine „Wunderwaffe“ als Arznei. Er zerrieb sie zu Pulver und machte daraus eine Tinktur, die er seinen Patienten verabreichte. Für die Genesung eines steirischen Prälaten benötigte er sechzig Kugeln, so die Überlieferung. Im Kampf gegen die 1680 in der Obersteiermark eingeschleppte Pest setzte er sie ebenfalls erfolgreich ein. Dennoch lehnte er den Aberglauben rund um die wundersame Kugel aber ab. Im Volksglauben hieß es, sie schütze vor Vergiftung, Schwindel und Ohnmacht, mache unverwundbar oder gar unsichtbar und würde einem Schützen Treffsicherheit verleihen. Das Schloss Stibichhofen in Trofaiach wählte Lebenwaldt als Altersitz und Dichterrefugium. „Hier wollte er sich in Ruhe dem Schreiben hingeben, aber der Ausbruch der Pest, die Aufstände der Bergknappen und Eisenarbeiter sowie der Einfall der Türken, machten ihm dabei einen Strich durch die Rechnung“, weiß Museumskustos Wolfgang Slamnig zu berichten. Dennoch waren es ganze zehn Jahre die er hier verbrachte. Nie sah man ihn in weiblicher Begleitung, er war auch nicht verheiratet.

Nur ein einziger, von ihm verfasster Liebesbrief, hat die Zeiten überdauert. Nachdem ihm die Ruhe in Trofaiach verleidet worden war, zog er nach Leoben. Dort kaufte er sich im Mühltal ein Haus mit einem kleinen Grundstück. 1695 erschien sein wichtigstes Werk, das „Land-Stadt-Und Hauß-Artzney Buch“, in dem alle damals angewandten Praktiken und Heilmethoden der Volksmedizin dargestellt wurden. Doch um seine eigene Gesundheit war es zu diesem Zeitpunkt schon schlecht bestellt. Er litt an einem Ödem und versank zusehends in Melancholie. Am 20. Juni 1696 starb er im Alter von 72 Jahren. Der Nachwelt hinterließ er folgende Mahnung: „Halte dich eines sicheren Weges und da es vonnöten, beratschlage dich mit einem verständigen Medico, damit des Teufels List und Betrug nicht statt habe, sondern all dein Tun und Lassen, Wachen und Schaffen, gereiche zu einem glückseligen Ende.“